„ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler schreibt im Presseheft: „Dabei sind Besetzung und Machart ebenso populär wie glaubwürdig, heutig und realistisch. Der attraktive und hoch emotionale Mehrteiler erzählt, wie alles anfing: von unseren Wurzeln im Nachkriegsdeutschland beider Republiken.“ Was fällt hier sprachlich auf? Hier stehen die Adjektive wie Gegner zueinander, als müssten sie versöhnt werden, als schlösse es sich aus, populär und zugleich glaubwürdig erzählen zu können. Ist diese zwanghafte Versöhnung nicht gerade das Problem? Ist „heutig“ das Gegenteil von „realistisch“? Kann eine Erzählung wirklich „populär“, „glaubwürdig“, „heutig“ und „realistisch“ zugleich sein, ohne einen der erhobenen Ansprüche aufs Spiel zu setzen? ….
„Tannbach“ lebt davon – wie schon „Unsere Mütter, unser Väter“ –, Geschichte zu Gefühl zu verflüssigen, Gefühlsgeschichte. Jetzt administrieren, dirigieren, inszenieren, schreiben und fühlen die geburtenstarken Jahrgänge in den Rundfunkanstalten. Sie beginnen Deutschland nach 1945 als großen ereignisstarken, abenteuerlichen Geschichtsraum zu entdecken. Im Licht der geglückten Wiedervereinigung, auch im Licht des neuen deutschen Image in der Welt, beginnen diese Jahrgänge, die Biografien ihrer Eltern neu zu bewerten. Drittes Reich, Flucht, Vertreibung, DDR-Diktatur, die Mauer, Stasi, die Adenauer-Ära, die Kohl-Jahre – all das wird jetzt entdeckt als melodramatisches Gebiet.“
Medienkorrespondenz, 2/2015, S. 10 f.