„Gegenkandidaten darf es geben. Bellut soll ZDF-Intendant bleiben“, fasst der Tagesspiegel den Überraschungs-Coup des ZDF-Fernsehratsvorsitzenden Ruprecht Polenz zusammen.
„Der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates, Ruprecht Polenz, hat Anregungen aus der Mitte des Gremiums aufgegriffen und den Punkt Intendantenwahl auf die Tagesordnung der Sitzung am 18. September 2015 in Mainz gesetzt. Die Amtszeit des Intendanten Dr. Thomas Bellut endet im März 2017“, heißt es in der entsprechenden Presseerklärung.
Den von Anfang 2016 vorgezogenen Termin erklärt Joachim Huber im Tagesspiegel mit medienpolitischen Agenda des kommenden Jahres: Reform des Rundfunkbeitrages, Medienrechte an der Fußball-Bundesliga, TV-Lizenzen für die Olympischen Spiele 2018 bis 2024, Start des Jugendangebots. Vielfältige Aufgaben, vielfältige Herausforderungen – da sollen Wahlen und Wahlkampf um die Führungsspitze nicht ablenken, so Joachim Huber.
Doch damit wird Thomas Bellut noch einmal von einem „verfassungswidrig“ zusammengesetzten – staatsnahen – Fernsehrat gewählt. Allerdings lag und liegt dies nicht in seiner Macht, da die Amtszeit des aktuellen ZDF-Fernsehrates bis ins nächste Jahr reicht. So oder so: er wird die erste Amtszeit des neuen Fernsehrates, die immer nur vier Jahre lang ist, überdauern.
Auch wenn es den Regeln und der Geschäftsordnung entspricht: es ist schon komisch. Wieso kommt Ruprecht Polenz diesen „Anregungen“ aus dem Gremium gerade jetzt nach? Wie viele Mitglieder haben dies angeregt? (War er es gar nur selbst?) Und – hat diese Anregung eine Mehrheit? Dies lässt sich nicht mehr feststellen, da das Verfahren in Gang gesetzt wurde. Allerdings hätte er dies auch den Fernsehrat auf seiner letzten Sitzung am 29. Mai beschließen lassen können – oder auf der nächsten. Dann hätte man im Dezember gewählt. Oder ist dies einfach nur eine Retourkutsche an die Länder. Die dafür sorgen, dass die Bundestagsparteien in Zukunft keine Mitglieder mehr im Fernsehrat haben und die er damit „überrumpelt“?
Wie man eine Intendanten(wieder)wahl auch organisieren kann, hatte der SWR-Rundfunkrat im Jahre 2011 gezeigt. Der Rundfunkrat hatte eine öffentliche Ausschreibung beschlossen und durchgeführt. Allerdings gab es nur einen weiteren Bewerber. Der RBB ist ihm in diesem Verfahren im Jahr 2012 gefolgt. Es geht also unter vergleichbaren Bedingungen auch anders – transparenter, demokratischer.
Schreiben von Ruprecht Polenz: weitere Vorschläge durch Fernsehratsmitglieder sollen bis zum 18.8. beim Fernsehrat eingereicht werden (online)
Pressemitteilung (online)
Kommentar verfassen