Seit Herbst 2020 gibt es eine neue Situation. Der jüngste Medienstaatsvertrag hat eine sogenannte Regulierungslücke geschlossen: Für die Aufsicht über journalistische Online-Medien sind seitdem die Landesmedienanstalten zuständig – es sei denn, sie lassen sich von Selbstkontrollorganen wie dem Presserat kontrollieren. Der Presserat wirbt seitdem offensiv um unabhängige Online-Medien als, nun ja, Kunden: Sie zahlen ein bisschen Geld, müssen dafür aber nicht die konkreten Sanktionen fürchten, die Landesmedienanstalten tatsächlich haben, wenn ein Anbieter „den anerkannten journalistischen Grundsätzen“ nicht entspricht.
Insofern kann man uns natürlich vorwerfen, dass wir von der potentiell folgenreicheren automatischen Aufsicht durch die Landesmedienanstalten in die vergleichsweise weiche Welt des Presserats wechseln. Andererseits ist das Vorgehen der Landesmedienanstalten bisher einigermaßen undurchsichtig. Dagegen orientiert sich der Presserat, bei all seinen Schwächen, immerhin in einem halbwegs transparenten Verfahren an klar definierten Grundsätzen: am Pressekodex.
Stefan Niggemeier, uebermedien.de, 06.07.2021 (online)