Dies wird jetzt immer mal wieder gefragt. Nun, in jeder Landesverfassung ist für Regierungsmitglieder der Amtseid festgeschrieben: „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohl des Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, Verfassung und Recht wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen üben werde.“ (Der Eid kann auch mit der Beteuerung „So wahr mir Gott helfe“ geleistet werden.) Für den Bundespräsidenten lautet der Eid nach Artikel 56 Grundgesetz: „Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“ (Die religiöse Beteuerung kann auch weggelassen werden).
Der Eid macht deutlich, dass an diese Politiker besondere Anforderungen gestellt werden. Ob sie diese erfüllen können, müssen die entscheiden, die sie wählen. Sicher kann man, um Ferdinand von Schirach zu zitieren, Christian Wulff vorwerfen, er greife zu kurz, wenn er als Bundespräsident „Abbild, nicht Vorbild“ der Gesellschaft sein möchte.
Allerdings ist das Grundgesetz schon über 60 Jahre alt. Die Normalität ist in der Politik angekommen. Immer wieder. Dies zeigt sich auch in höchsten Ämtern. Immer wieder und öfter. Christian Wulff ist da nur ein Beispiel.
Christian Wulff hat sich nicht allein zum Bundespräsidenten gemacht. Er wurde ausgewählt und gewählt. So, wie er war. Der Amtseid hat sich nicht geändert. Christian Wulff hat sich nicht geändert. Viele Vorwürfe, die aktuell erhoben werden, sind Jahre alt. Alle, die ihn gewählt haben und ihn jetzt kritisieren, dass er kein „Vorbild“ sei, sollten innehalten – und besser schweigen.