Ex-Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz kritisierte schon vor einiger Zeit die Personalauswahl für die Leitung der öffentlich-rechtlichen Sender. Eins hätten alle Intendanten gemeinsam: „Sie kommen aus dem geschützten Biotop von ARD und ZDF. Weiter reicht die Vorstellungskraft der sie wählenden Gremien nicht. Seiteneinsteiger sind nicht erwünscht“, so Ernst Elitz in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau am 12. Juli 2011.
„In keiner anderen Branche hat man sich so darauf versteift, personell nur aus dem Eigenen zu schöpfen“, kritisiert Elitz: „Das Muster wurde nur aufgebrochen, als in München Merkels Regierungssprecher Ulrich Wilhelm an die Spitze des Bayerischen Rundfunks trat.“
Durch diese Personalauswahl „in sich selbst verkapselt“ fehle dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk das Verständnis für die existenziellen Probleme der Zeitungsmacher, „ihm fehlt die Antenne für das Getriebensein der Politik, die vom Wähler wegen der Rundfunkgebühren getriezt wird, ihm fehlt der Sensus für die Mitspieler auf dem Medienmarkt, weil es in seiner Führungsriege an Berufserfahrung fehlt, die die Grenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunk sprengt.“
Die Intendantenriege müsse „sich für andere Erfahrungswelten öffnen, um die Abwehrhaltung gegen den Rest der Medienwelt zu überwinden und sich selbstbewusst auf Programme zu konzentrieren, in denen nicht abgekupfert und Quote mit Köpfen von den Privaten gekauft wird“, fordert Elitz: „Qualität statt Ragout – das wäre die kleine Revolution von ARD und ZDF. Sie muss bei den Intendanten beginnen.“ Und so forderte Ernst Elitz für Seiteneinsteiger auf Intendantenposten. Dabei war Ernst Elitz auch kein Seiteneinsteiger. Vor seiner Zeit als Intendant des Deutschlandradios (1994 bis 2009) war er journalistisch unter anderem für das ZDF und den Süddeutschen Rundfunk tätig.
„In Wellenbewegungen folgten auf den Intendantenthronen der philosophisch gestimmte Dieter Stolte (ZDF) oder Großjournalisten wie Friedrich Nowottny und Fritz Pleitgen (ARD). Kontrolliert von Verwaltungs- und Rundfunkräten, vor Landesparlamente zitiert, geschurigelt von Rechnungshöfen und KEF, neigt sich das Amtsverständnis inzwischen dem „Behördenvorstand“ zu. Allseits verwendbare Juristen erklimmen das Amt.“ So Ernst Elitz. Doch stimmt das? Wie viele Juristen stehen denn an der Spitze einer ARD-Anstalt? Und – wer macht schon den Abteilungsleiter eines konkurrierenden Unternehmens zum eigenen Chef?
Ist LVZ-Chefredakteur Bernd Hilder ein Intendant nach Elitz‘ Vorstellung? „Hilder dürfte es im Rundfunkrat schwer haben, da er als Favorit der sächsischen Staatskanzlei gilt und wenig Erfahrung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mitbringt. Der gebürtige Niedersachse war ARD-Hörfunkkorrespondent, arbeitete in den letzten Jahren aber ausschließlich bei Regionalzeitungen (u.a. Göttinger Tageblatt), bevor er 2004 zur LVZ wechselte. Dort, heißt es, würden bei seinem Weggang die Sektkorken knallen. Im Falle seiner Bestätigung durch den Rundfunkrat sollte sich der mögliche Reiter-Nachfolger aber nicht auf sein eigenes Blatt verlassen. Das berichtete über die jüngsten Skandale arg spärlich – und enthielt seinen LeserInnen die Ambitionen des eigenen Chefredakteurs vor“, so Steffen Grimberg in der taz. Davon abgesehen ist Bernd Hilder kein unumstrittener Kandidat oder gar klarer Favorit des Verwaltungsrates. Was ist passiert?
So berichtet flurfunk-dresden.de: „Nach unseren Informationen hatte die juristische Direktorin des MDR Karola Wille im ersten Wahlgang 4 Stimmen erhalten, Hilder dagegen 3. Im zweiten und dritten Wahlgang kam Hilder auf 4 und Wille auf 3 Stimmen, erst im vierten Wahlgang und nach einer Pause war Hilder dann mit 5 zu 2 Stimmen als Kandidat gewählt.“
Karola Wille hinterließ mit ihrer Vorstellung anscheinend den besten Eindruck. Sie hatte mit ihren Vorstellungen zum MDR wie zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Mehrheit hinter sich. Bernd Hilder war im ersten Wahlgang nur zweite Wahl. Vier Wahlgänge für fünf Stimmen: Ein klares und überzeugendes Votum sieht anders aus.