Es mangelt nicht an Medienpreisen im Revier, wie wir anlässlich der Reporterpreisverleihung an dieser Stelle bemerkten. Der HELIOS-Verlag mit seinem “Goldenen Prometheus” hatte allerdings im Oktober 2009 entnervt aufgegeben. Selbst mit der bisher praktizierten Selbstausbeutung sei die Party nicht mehr finanzierbar, so Hajo Schumacher, Herausgeber des PDF-Newsletters „V.i.S.d.P“ und Mitveranstalter. Und weiter: „Zudem nervt das bisweilen bösartige Gemäkel einer notorisch schlechtlaunigen Branche.“
Dem medium magazin (mm) dürfte die Selbstaufgabe der Konkurrenz nach vier Preisverleihungen die Laune verbessert haben, zog die erstaunlich effektvoll ausgestattete Prometheus-Vergabe an ihre Journalisten des Jahres mehr Aufmerksamkeit auf sich, als der mm-Chefin Annette Milz lieb gewesen sein dürfte. Denn, wenn man seit Jahren für sich reklamiert, die Journalisten des Jahres zu finden, bringt es Verwirrung in die Öffentlichkeit, wenn bereits eine Woche zuvor die Suche nach den Journalisten des Jahres lautstark für beendet erklärt wird.
Dieses Jahr war es also wie früher. Eine rund 60-köpfige Jury suchte die auffällig besten Journalistinnen und Journalisten des abgelaufenen Jahres heraus. Eine Liste, die sich für aufmerksame Beobachter im erwartbaren Rahmen hielt, aber dennoch das Beste zusammenfasst.
http://www.mediummagazin.de/aktuelles/die-journalisten-des-jahres-2009-2/
Dass sich der Noch-ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender den Haupttitel “Journalist des Jahres” holen würde, war mehr als gerecht. Kein anderer prägte so wie er mit seiner Haltung die Diskussion über politische Unabhängigkeit, das höchste Gut des Journalismus.
BILD-Chefredakteur Kai Diekmann, der sich nach eigener Aussage (Stand: 25.11.2009) mit der Causa Brender nie ernsthaft auseinandergesetzt hat: {accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}DIMBB_20091125_diekmann_kai{/mp3}< {/accesstext}
sparte jedoch nicht mit Kritik an der Jury. In seinem 100-Tage-Blog zeigte er sich als lustiger Büttenredner gelangweilt, ob der Brender-Wahl, der Auszeichnung für taz-Chefredakteurin Ines Pohl als “Newcomer”, machte sich zudem über den gesamten Preis lustig. Er tat dies mit der Kraft des von derselben Jury als Journalist des Jahres in der Fachkategorie „Unterhaltung“ ausgezeichneten Kai Diekmann als „videoblogger in Chief“. Er verhöhnte die Jury mit einem Gegenpreis, der “Goldenen Gurke”. Wofür die „hohe Würde und den Ruhm“? Der „Jeck“ Kai erklärt es selbst:
http://www.kaidiekmann.de/der-publikumspreis/2010/01/14/ {accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}DIMBB_20100114_diekmann_kai{/mp3}< {/accesstext}
Wäre Diekmann der Preisverleihung am 14. Januar 2010 im Deutschen Historischen Museum nicht fern geblieben, hätte er möglicherweise relativierende Informationen einholen können, die seine Empörung in BILD-Manier arg zurück gefahren hätte. Denn sein Hauptargument für die Jury-Beschimpfung war der Sonderpreis für politische Berichterstattung an Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung. Ihn würdigte die Jury für seine Afghanistan-Berichterstattung, auch im Umfeld der sogenannten Kunduz-Affäre der Bundeswehr, die letztlich mit zum Rücktritt des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Jung führte. Doch dieses Verdienst reklamierte Diekmann für sich und die BILD. Nicht nur das, er spitzte zu und bezichtigte Kornelius sogar, er habe aus der BILD abgeschrieben.
Kornelius wies das am Rande der Preisverleihung zurück: {accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}DIMBB_20100114_kornelius_stefan{/mp3}< {/accesstext}
In seiner Dankesrede versuchte Kornelius locker mit den massiven Vorwürfen umzugehen und beschrieb die Afghanistan-Recherche aus seiner Sicht.
Nikolaus Brender konnte seinen Preis nicht entgegen nehmen. Kurz zuvor musste er sich einer Herzklappen-OP unterziehen. Die Ereignisse der letzten Monate waren offenbar nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Er gab über seinen ZDF-Kollegen Claus Richter jedoch einen fast beschwörenden Satz in die Runde: “Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört allen!”
In diesem Spannungsfeld zwischen gekränkter Eitelkeit und Mahnung, verlief die Preisverleihung dann doch eher angenehm unaufgeregt und sachlich. Obwohl viel journalistische Prominenz anwesend war (Ruge, Markwort, Vorkötter, Osang, Niggemeier, Riekel, Tichy und wie sie alle hießen), blieb am Abend auch Zeit für unaufgeregte Zwiegespräche, die erst weit nach Mitternacht endeten. Jörg Wagner
Wissenswert: ****
Unterhaltungswert: **
Kontaktwert: ****
Ambiente: ***