Berlinale Keynotes 2010: Das Kino der Zukunft

Seit 2007 finden begleitend zum Filmfestival die Berlinale Keynotes statt. Sie sollen Vordenkern der Film- und Medienwirtschaft ein Forum bieten, auf dem sie Zukunftsfragen der Filmindustrie diskutieren. Themen der vergangenen Jahre waren u. a. die Zukunft der Filmwirtschaft im digitalen Zeitalter und die kreativen und strategischen Allianzen zwischen Film, Games und Web 2.0. Diesmal, zum 60. Jubiläum der Berlinale, ging es ausnahmsweise nicht (nur) um den Film, sondern um den Ort, an dem der Film gezeigt wird, das Kino der Zukunft und seine Architektur. In Zeiten, in denen kleine Filmtheater am Aussterben sind und vor allem in ländlichen Gebieten durch große Multiplexkinos ersetzt werden, die zwar mit High-Tech auftrumpfen,  dafür aber ihren Charakter, ihre Gemütlichkeit, ihre einzigeartige Architektur einbüßen, stellt sich die Frage, ob auch eine Art Fastfoddisierung der Kinos eingesetzt hat. Dieses Szenanario befürchten – nicht so sehr für Berlin wie für ländliche Gebiete – zumindest Berlinale-Chef Dieter Kosslick und Wolfgang Novak von der Alfred Herrhausen Gesellschaft in ihren Begrüßungsreden:

O-Ton: Dieter Kosslick, Leiter der Berlinale

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O-Ton: Wolfgang Nowak, Alfed Herrhausen Gesellschaft

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Die Keynote hielt u.a. Star-Architekt Norman Foster. Weitere prominente Redner waren Marin Karmitz, französischer Produzent, Verleiher und Kinobesitzer, der österreichische Architekt Prof. Wolf D. Prix vom avantgardistischen Architekturbüro Coop Himmelb(l)au, die renommierte Trendforscherin Dr. Li Edelkoort, der experimentelle Filmemacher Prof. Heinz Emigholz und der Architekturkritiker und Museumsdirektor Deyan Sudjic, Leiter der Architektur Biennale Venedig 2002.

 

Keynote von Stararchitekt Norman Foster von Foster and Partners

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Interessant war auch der historische Rückblick von Stararchitekt Norman Foster, über dessen Leben und Wirken auch ein Dokumentarfilm auf der Berlinale lief. Kinos wurden früher wegen ihrers Charakters“ Filmtheater“ gennant. Es gab eine sogenannte „Filmvorführung“, ein einziger Film und nicht mehrere gleichzeitig wurden dort gezeigt. Die Kinos waren auch von ihrer Architektur her prunkvollen, eleganten Theatern und Opernhäusern nachempfunden mit einer großen Lobby, in der sich die Kinobesucher vor und nach der Filmvorführung gerne aufhielten. Das gemeinsame Erleben und Diskustieren spielte eine größere Rolle als heute. Die Filmtheater waren so etwas wie ein sozialer Treffpunnkt in einer Statdt. Und dieses gemeinsame Kinoerlebnis geht mit dem Siegeszug der Multiplexe, die meist auch von ihrem Charakter und von ihrer Architektur austauschbar sind, ein Stück verloren.  Foster plädierte für einen Qualitätsanspruch auch bei der Kinoarchitektur, wortwörtlich: „Sie verleihen ja auch Oscars für gute Filme, warum also nicht auch für gute Kinos.“

 

Keynote von Wolf D. Prix vom Architekturbüro Coop Himmelb(l)au:

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Dass Mulitplexkinos nicht zwangsläufig wie Fastfoodboxen aussehen müssen, das beweist der österreichische Architekt Wolf Prix von Coop Himmelb(l)au. Seine Kinobauten fallen schon von außen durch ihre moderne, futuristische Gestalt auf, so wie zum Beispiel das Ufa Cinema Center in Dresden. Doch darum allein geht es Prix nicht. Ihm ist wichtig, dass Kinos öffentliche Räume bilden, in denen sich Kinobesucher gern aufhalten, von denen sie sich inspiriert fühlen. Anspruchsvolle Restaurants und Bars anstelle von Fastfoodläden können ein Kino aufwerten und  Besucher anlocken, die sonst eher die Homekinoanlage mit Beamer und Stereoanlage zu Hause bevorzugen. Coop Himmelb(l)au entwirft gerade für Disneys Tommorrow-Land in Shanghai ein großes Kino und arbeitet an den Plänen für ein großes Multiplexkino für das Pusan International Filmfestival in Busan (Südkorea). Das Design dieser Bauten ist natürlich alles andere als gewöhnlich. Interssanterweise lässt sich Prix beim Design seiner Bauten von der digitalen Medienwelt inspirieren. Die Formen sind besipeilweise Soundkurven oder Bewegungsverläufen von Menschen in Filmen nachempfunden. Diese markanten Formen würden Menschen in urbanen Strukturen Orientierung geben, glaubt Prix. Gerade in unserer von Virtualität geprägten Medienwelt sei es wichtig, dass wir von identifizierbaren Räumen und Gebäuden umgeben sind. http://www.coop-himmelblau.at/


Auf dem Podium diskutierten: Heinz Emigholz, Pym Films, Berlin; Trendforscherin Li Edelkoort, Edelkoort ect., Paris; Norman Foster,  Foster+Partners, London; Moderatorin Melinda Crane; Wolf D. Prix, Coop Himmelb(l)au, Wien; Filmproduzent Martin Karmitz, MK2, Paris; Dejan Sudjic, Design Museum in London.

 

Eleni Klotsikas

 

Fazit:

Wissenswert: ****

Unterhaltungswert: ***

Kontaktwert: ***

Ambiente: ****


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