Ja, wer zu viel ignoriert, läuft Gefahr, am Ende schlecht informiert zu sein. Umgekehrt gilt aber auch: Wer versucht, alles aufzunehmen, versteht oft weniger, weil schlicht die Zeit fehlt, Dinge gründlich zu durchdringen. Das ist das Dilemma. […]
Kritisches Ignorieren bedeutet, bewusst zu entscheiden, was wir uns näher ansehen. […] Es gibt Kriterien, die seit Jahrhunderten diskutiert werden: Logik, Widerspruchsfreiheit, innere Kohärenz. Wenn jemand sich permanent widerspricht, lohnt es sich nicht, weiterzulesen. […] Wenn schon die Überschrift Empörung schürt oder bewusst polarisiert, ist das für mich ein Warnsignal. Dasselbe gilt für reißerische Schlagzeilen, klassisches Clickbait. Wer sich auf „gesunden Menschenverstand“ beruft, liefert meist kein gutes Argument. Wenn dagegen jemand mit Daten und Belegen arbeitet, höre ich zu, selbst wenn ich anderer Meinung bin.
Stephan Lewandowsky, sueddeutsche.de, 14.09.2025 (online)