Mehr Informationen bei ProSiebenSat.1 würde Gewinn nur unwesentlich schmälern

Man kann ja viele Gründe anführen, warum private Rundfunksender teilweise über den Rundfunkbeitrag finanziert werden sollten, wie es ProSieben-Sat1-Vorstand Conrad Albert in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung getan hat (Zitate z.B. hier):

  • weil sie mit ihren Nachrichtensendungen mehr junge Menschen erreichen als ARD und ZDF (was nicht stimmt),
  • weil sie für das junge Publikum die mediale Grundversorgung übernehmen ( aber gehen die nicht fast alle ins Internet?),
  • weil die Finanzierung nicht an der Institution, sondern an den Inhalten festgemacht werden sollte (Sollen dann auch Zeitungen und Internetangebote Beitragsmittel erhalten?)

Conrad Albert behauptet: „Nur fünf Prozent der Zuschauer von ARD und ZDF sind unter 30 Jahre alt. In der Zielgruppe von 14 bis 29 Jahren erreichen wir mit ‚Pro7 News‘ deutlich mehr Zuschauer als Tagesschau und Heute zusammen.“ Laut einer NDR-Mitteilung erreichte die „tagesschau“ bei den 14- bis 29-Jährigen im ersten Halbjahr 2017 allein mit der 20-Uhr-Ausgabe auf täglich 360.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, „ProSieben Newstime“ komme auf 230.000, „Tagesschau“ und „heute“ erreichten im Schnitt täglich 430.000 Zuschauer im Alter von 14 bis 29.

Man kann jetzt viele Gründe anführen, warum der Rundfunkbeitrag nicht an privaten Medien gehen sollte, wie es zum Beispiel die Koordinatorin der Ländermedienpolitik, Heike Raab (hier) getan hat:

  • Der Beitrag müsste steigen, wenn mehr davon profitieren sollen.
  • Die Begünstigten müssten sich „Gremien schaffen“, „Transparenz über das eigene Finanzgebaren“ schaffen, Kontrolle durch die KEF ermöglichen und ihre Wirtschaftspläne vor den Landesparlamenten rechtfertigen.

Nun, der Beitrag müsste nur dann steigen, wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio weiter im bisherigen Umfang finanziert werden. Die Landesmedienanstalten, die die privaten Sender beaufsichtigen und lokale private Sender fördern, müssen sich jedoch weder von der KEF kontrollieren lassen, noch ihre Haushalts- bzw. Wirtschaftspläne vor den Landesparlamenten rechtfertigen.

Grundsätzlich kann man sich fragen:

  • In welchen Bereichen übernimmt ProSiebenSat.1 die Grundversorgung?
  • Welchen Beitrag leisten die Sender zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung und dienen damit?
  • Inwieweit berichten sie unabhängig von den Interessen Dritter?

Grundsätzlich muss man sich fragen, ob die privaten Sender nicht auch einen Auftrag nach dem Rundfunkstaatsvertrag haben? Kann ihr alleiniges Ziel sein, hohe Gewinne zu erwirtschaften?

So heißt es im § 25 Rundfunkstaatsvertrag (online) u.a.:

Im privaten Rundfunk ist inhaltlich die Vielfalt der Meinungen im Wesentlichen zum Ausdruck zu bringen. Die bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen in den Vollprogrammen angemessen zu Wort kommen; Auffassungen von Minderheiten sind zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, Spartenprogramme anzubieten, bleibt hiervon unberührt.

Ein einzelnes Programm darf die Bildung der öffentlichen Meinung nicht in hohem Maße ungleichgewichtig beeinflussen.

 

Die Sender haben also eine Lizenz erhalten – dafür müssen sie sich aber auch an diese Vorgabe halten. Machen sie das? (Was unternehmen da die Landesmedienanstalten?) Braucht ProSiebenSat.1 zusätzliche finanzielle Mittel, um dem Staatsvertrag entsprechen zu können?

 

ProSiebenSat.1 verbesserte sein operatives Ergebnis (EBITDA) im Geschäftsjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 10 % auf 1.018 Mio. €. Der Konzernumsatz stieg um 17 % auf 3,8 Mrd. €. Die operative Umsatzrendite des Gesamtkonzerns lag bei 26,8 %.

Über eine Milliarde Gewinn erwirtschafte also ProSiebenSat.1. Aus Deutschland kamen allein 760 Mio. Euro. Die Kosten des ARD-Hauptstadtstudios lagen 2013 bei ca. 24 Mio. Euro, die Kosten von ARD-Aktuell (produziert u.a. alle tagesschau-Ausgaben) lagen 2014 bei ca. 50 Mio. Euro.

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)