Mediatuesday@taz: Mein Profil gehört mir!?

13.04.2010

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg findet, dass sich die sozialen Normen in Punkto Privatsphäre in Zeiten des Web 2.0 erheblich verändert haben: Menschen sind einverstanden damit, Informationen über sich mit anderen zu teilen und werden immer offener zu immer mehr Menschen“, so Zuckerberg pauschal Ende Januar in einem Interview. Zum Teil hat er damit wohl Recht. Andererseits wachsen gerade in Deutschland Kritik und Protest gegen Datenspeicherung und Überwachung – sei es durch Konzerne wie Google oder Regierungen. Grund genug für den Mediatuesday diesen Widerspruch einmal öffentlich zu diskutieren.

 

Auf dem Podium eingeladen waren der Blogger Christian Heller, Michael Horn vom Chaos Computer Club, die Journalistin und Bloggerin Anne Roth, die durch staatliche Überwachungsmaßnahmen und die Festnahme ihres als Terroristen beschuldigten Lebenspartners ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist und Timo Luthmann, Initiator eines neunen sozialen Netzwerkes namens „mensch.coop.“ Moderiert wurde die Veranstaltung von Julia Seeliger, Journalistin der taz und ehemalige Grünen-Politikerin.

 

Leider fehlte es der Diskussion an Struktur, denn allein um das Thema Datenschutz herumzudiskutieren ergibt noch keinen roten Faden und provoziert keine pointierten Aussagen. Nur soviel: Jeder, der beispielsweise Mitglied bei Facebook ist, sollte wissen, dass seine Daten nicht nur an andere Unternehmen weiter gegeben werden, sondern dass Regierungen gegen Geld geheime Profilinformationen auch bei Facebook direkt erkaufen können, so Anne Roth. Trotzdem hindert das auch die Bloggerin und Kolumnistin des Freitags, die selbst schon einmal Opfer staatlicher Überwachung geworden ist, nicht daran, dort ihre Fotos und Informationen mit Freunden auszutauschen. Von dem Austausch geheimer Informationen über Facebook sollte man jedoch absehen, rät sie. Trotz dieser Erfahrung gehört sie nicht zu denjenigen, die sich gänzlich abschotten und nicht mehr von sich öffentlich Preis geben, denn gerade das Bloggen und die Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken haben ihr die Möglichkeit gegeben ihre Erfahrung mit staatlicher Überwachung publik zu machen und damit auch eine öffentliche Diskussion anzustoßen.

 

 

Bei einem mehrheitlich jung besetzten Podium, das einem genauso jungen Publikum gegenübersaß, das mit Laptops und Smartphones ausgestattet während der Diskussion parallel anderweitig im Netz beschäftigt war, fiel die Empörung über mangelnden Datenschutz und Datenspeicherung bei sozialen Netzwerken erwartungsgemäß nicht ganz so groß aus, wie man das von anderen Podien gewohnt ist. Es wurde fast als unangenehme Nebenwirkung eines wichtigen Medikamentes, das man nicht so leicht absetzen kann („weil ja die ganzen Freuden dort auch sind“) in Kauf genommen. Nur eine Person aus dem Publikum äußerte die Forderung nach gesetzlichen Bestimmungen für Social-Netzwerk-Anbieter. Facebook solle gesetzlich dazu verpflichtet werden, Schnittstellen zu anderen sozialen Netzwerk-Seiten zu schaffen. So könne man von einem nicht-kommerziellen, sicheren sozialen Netzwerk auch mit seinen ganzen Facebook-Freunden kommunizieren. Das klang aber mehr wie eine Utopie als ein realistisches Szenario und fand wenig Widerhall. Auch wollte sich an diesem Abend niemand mit Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner verbünden, die den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in einem offenen Brief für mangelnden Datenschutz kritisierte und sogar mit ihrer Profillöschung drohte. Doch das lag vielleicht auch an dem Beliebtheitsstatus der Ministerin bei einem grünen und eher linksorientierten, jungen Publikum an diesem Abend.

 

Nachhören der Veranstaltung

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Fazit:

Wissenswert: **
Unterhaltungswert: **
Kontaktwert: **
Ambiente: **

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)