MDR-Intendant: Forderungen und Anforderungen (I)

 

Jahrelang kämpfte MDR-Intendant Udo Reiter für einen ARD-Jugendkanal. Es sei naheliegend, neben dem KI.KA sowie den Jugendwellen im Radio ein „öffentlich-rechtliches junges Vollprogramm“ anzubieten. „Man kann nicht auf der einen Seite immer einen mangelhaften Informationsstand junger Leute und niedrige pädagogische Ansprüche mancher Privatprogramme beklagen und andererseits nichts dagegen tun.“ Am 23. Mai, einem Montag, legte Udo Reiter seine Forderung zu den Akten. Sie sei wünschenswert, aber nicht umsetzbar. Ein Jugendprogramm sei „alles in allem eine tolle Möglichkeit – es bleibt aber eine Illusion.“ Sowohl unter den Intendanten als auch in der Medienpolitik seien die Widerstände zu groß.

 

Im März antwortete Udo Reiter in der Berliner Zeitung auf Frage, ob er seine volle Amtszeit bis zum 30 Juni 2015 erfüllen wolle: „Ich habe nichts anderes vor.“

Am Donnerstag, drei Tage nachdem er das öffentlich-rechtliche Jugendprogramm beerdigt hatte, verkündete er, seinen Platz beim MDR zu räumen. Er sei mit 67 Jahren zum einen der dienstälteste Intendant und habe durch 45 Jahre im Rollstuhl gesundheitliche Probleme. Zudem sei die Betrugsaffäre beim KI.KA, für den der MDR verantwortlich zeichnet, weitgehend geklärt. Mit diesem Schritt hatte er auch jeglicher Rücktrittsforderung den Boden entzogen.

Am Freitag, einen Tag später, offerierte bild.de schon die ersten fünf Intendanten-Kandidaten. Weitere Zeitungen folgen mit weiteren Kandidaten. Es ist sogar von einer Absprache zwischen Sachsen-Anhalt und Thüringen die Rede: Thüringen könne den Intendanten stellen, wenn Sachsen-Anhalt den derzeit offenen Posten des Verwaltungsdirektors besetzen dürfe.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Um gewählt zu werden muss man zweimal eine Zwei-Drittel-Mehrheit gewinnen: im Rundfunkrat und im Verwaltungsrat. Vier der sieben Verwaltungsräte sind Mitglied der CDU.

Wer Intendant wird, ist noch unklar. Am 5. September will der Verwaltungsrat seinen Vorschlag öffentlich bekannt geben. Klar ist, dass es keine öffentliche Ausschreibung gibt. Die Sächsische Staatskanzlei hatte sich vom Leipziger Rechtsprofessor Christoph Degenhart ein Gutachten erstellen und dem Verwaltungsrat zukommen lassen. Gegen eine öffentliche Ausschreibung gebe es „verfassungsrechtliche Bedenken“. Allerdings wurden allein in diesem Jahr schon zwei Intendantenposten öffentlich ausgeschrieben – beim SWR und beim Saarländischen Rundfunk.

Die Wahl wird offenbaren, wem der MDR in Zukunft dienen soll. Soll der MDR der Demokratie „dienen“, soll er öffentliche Meinungs- und Willensbildung fördern? Die Freiräume des MDR haben sich in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt. Allein das ERSTE hat einen Etat von 1,6 Mrd. Euro – Tendenz steigend. Nur ein starker und in der ARD anerkannter Intendant ist in der Lage, mit anderen Intendanten Bündnisse in der ARD zu schmieden, die auch im Interesse des MDR sind. Das ist eine Grundvoraussetzung, um den MDR zukunftsfähig zu gestalten.

Doch was, wenn der MDR dem Machterhalt der Regierungen dienen soll? Schließlich erreicht der MDR-Hörfunk über die Hälfte der Bevölkerung, dass MDR Fernsehen mehr als ein Fünftel. Eine entsprechende Berichterstattung kann dafür sorgen, dass sich die Waage der wahlentscheidenden Mehrheiten auf der Regierungsseite neigt. Das kann nur ein Regierungskandidat mit entsprechender Personalpolitik garantieren.

Vor 8 Jahren wurde erstmals eine Frau als Intendantin gewählt. Wird nun, nach 20 Jahren Einheit, erstmalig ein Ostdeutscher Intendant? Das entscheidet der MDR-Rundfunkrat am 26. September. Die Wahl wird zeigen, welchem Ziel der MDR dienen soll.

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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