Dokumentiert: Verfügen ARD und ZDF über ein „großzügiges finanzielles Polster“?

Beim NDR sollten somit in der letzten Gebührenperiode bis 2012 insgesamt 50 Mio. € eingespart werden. Deutlich größere Einsparvorhaben meldete der WDR mit der Feststellung des Haushaltsplans 2013; hier betragen die Einsparvorgaben sogar p.a. 50 Mio. €.Auch der SWR plant einen „strategischen Sparkurs“, der bis 2020 eine Kosteneinsparung von mindestens 15 % bringen soll. Die Rationalisierungsmaßnahmen betreffen bzw. betrafen überwiegend die administrativen und technischen Bereiche und sollen bzw. sollten zu keener Gefährdung der Programmqualität führen. Demnach dürften die Einsparungen im WDR „natürlich nicht zu Einbußen in den Programmen und der Programmqualität“ führen, der SWR werde „schlanker, aber nicht schlechter“, denn er könne „auch mit finanziellen Einbußen von 15 Prozent bis zum Jahr 2020 seinen Auftrag als Dienstleister für Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung über alle Programm-Medien hinweg erfüllen“. Der NDR bleibe trotz der Sparmaßnahmen „ein solide finanziertes Unternehmen, das auch in Zukunft seinem Publikum ein attraktives Angebot bieten wird.“ Denn die Einsparungen würden „maßvoll und ohne Gefährdung der Qualität geschehen“. Werden die Einsparungen von NDR, SWR und WDR als stellvertretend betrachtet, so besteht ein deutlicher Grund zur Annahme, dass den Rundfunkanstalten zum Teil über ihren Bedarf zur Auftragserfüllung hinaus Mittel zur Verfügung stehen bzw. standen.

Insgesamt wurden für die Periode 2005-2008 durch die Abweichung des Gesetzgebers vom KEF-Vorschlag Mindererträge in Höhe von rd. 443,6 Mio. € für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwartet. Erstaunlicherweise schlossen die Rundfunkanstalten diese Periode mit einem Überschuss ab, was bemerkenswert erscheint, wenn im Vergleich zu dem von der KEF ermittelten Finanzbedarf Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe fehlten. Natürlich hatten die Rundfunkanstalten als Reaktion auf die Reduzierung der Abgabenhöhe durch den Gesetzgeber umfangreiche Einsparmaßnahmen getroffen. Gleichwohl beinhalteten die Bedarfsanmeldungen der Rundfunkanstalten für die Periode 2009-2012 keine Finanzbedarfskorrektur für die zu niedrige Finanzierung in 2005-2008, um die Fortschreibung der Einsparungen aufgrund der Kürzungen zu verhindern. Dies überrascht, denn die Rundfunkanstalten meldeten zum 16. KEF-Bericht erhebliche qualitative Einschränkungen im Programm aufgrund der Kürzung des Gesetzgebers. Jedoch seien diese nicht bezifferbar gewesen. Ob solche qualitativen Einbußen tatsächlich eingetreten sind, kann kaum nachträglich beurteilt werden; allerdings weist m.E. eine „Nicht-Bezifferbarkeit“ eher auf das Gegenteil hin. Es ist davon auszugehen, dass trotz der Kürzungen durch die Länder die Einnahmen völlig ausreichend waren, den Funktionsauftrag zu erfüllen und auch für die nächste Periode die Fortschreibung dieser Abweichung nach unten kein Problem für die Qualität der Programme darstellte.

Somit scheinen die Rundfunkanstalten über ein großzügiges finanzielles Polster zu verfügen: Weder Einsparungen aufgrund von Abweichungen durch den Gesetzgeber bei der Abgabenfestsetzung noch aufgrund anderer Faktoren führten bislang zu einer Gefährdung der Erfüllung des Funktionsauftrages.

 

 

 

Anna Terschüren: Die Reform der Rundfunkfinanzierung in Deutschland Analyse der Neuordnung und Entwicklung eines idealtypischen Modells. Medienrechtliche Schriften Herausgegeben von Prof. Dr. Frank Fechner Institut für Rechtswissenschaft an der TU Ilmenau Band 10 S. 262 ff.

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